Mit Widersprüchen umgehen: Führung als Balanceakt …auch ein Stück Mountain Leadership - Teil 1
"Ein erstklassiger Geist zeichnet sich dadurch aus, dass er in der Lage ist, zwei gegensätzliche Ideen in seinem Kopf auszuhalten und trotzdem noch zu funktionieren.“
Scott Fitzgerald
Am Berg und in der Führung lauern ein hohes Maß an Gefahren und Widersprüchen, auch wenn das Wetter noch so schön ist. Jederzeit kann man in eine unerwartete Gletscherspalte fallen, den wichtige Trend verpassen oder über dem Abgrund stehen. Es gilt : verantwortlich zu sein für die Zukunft, obwohl diese unsicherer denn je ist. Ein Riesen Widerspruch !
Willkommen im Land der Paradoxien und Widersprüchlichkeiten! Die moderne Betriebswirtschaft hat die soziale Dimension weitgehend ausgeklammert, was zwar zu ihrem wissenschaftlichen Höhenflug beitrug – aber eben auch zu einer Reihe von Konzepten führte, die aufgrund ihrer Einfachheit in der konkreten Situation versagen. Erfolgreiche Führung versteht es hingegen, klug mit den Paradoxien eines komplexen Umfelds umzugehen. Sie bringt es zum Beispiel fertig, eine schlüssige Organisation aufzubauen und gleichzeitig die Mitarbeiter bei der Stange zu halten. Unsere These lautet nun: Ein guter Unternehmer versteht es, sich in einem komplexen Umfeld zu bewegen. Während etwa ein Ingenieur meist mechanistische Systeme gewohnt ist und daher die Eindeutigkeit vorzieht, ist der Unternehmer Spezialist im Umgang mit mehrdeutigen Situationen, oft auch zu Verwirrung seiners Umfelds. Eine seiner großen Stärken ist die Ambiguitätstoleranz, also die Fähigkeit, mit Widersprüchlichkeiten oder Mehrdeutigkeiten umzugehen. Anstatt in Entweder-Oder-Kategorien zu denken, findet er häufig eine intelligente Lösung im Sinne von „beides ist möglich“ oder „es geht auch ganz anders“.
Betrachten wir diese Führungsweise, diesen Balanceakt des Sowohl-als-auch, etwas näher. Dies erscheint umso lohnender, als widersprüchliche Situationen in einer immer komplexeren Welt zunehmen. Damit gewinnt auch die Fähigkeit an Bedeutung, balancierend zu führen – anstatt wie Buridans Esel blockiert vor den Alternativen zu stehen. Wie vollbringt der Unternehmer diesen Balanceakt des Sowohl-als-auch, der den meisten Managern eher fremd ist, obwohl sie doch dafür bezahlt werden, in komplexen Situationen Klarheit zu schaffen? Unternehmer, aber auch Künstler und Innovatoren sind Meister dieser zweiten Form. Querdenken ist Teil ihres Tuns. In der Regel reagieren sie nicht nach alten Mustern, sondern verstehen sich darauf, die Chancen einer spezifischen Konstellation zu erkennen. Wie sagt ein leitender Mitarbeiter als Charakteristika über seinen Chef : Vorstand einer großen Familien AG : „Unser Vorstandsvorsitzender hat die hohe Fähigkeit lose zu führen aber in wichtige Dinge extrem tief rein zu gehen.“
Ein Balance Künstler und sicher , möglichweise auch gut an den Graten der Welt.
Mal rechts.. mal links… um nicht abzustürzen, auch mal mehrere Schritte auf einer Seite, mal so … mal so.. aber mit Klarheit und Mut.
Gedanken eines Managers:
Wie halte ich es eigentlich mit Mehrdeutigkeiten und Widersprüchen? Am besten hilft darauf, wie ich durchs Leben gehe:
Liebe ich Eindeutigkeit, klare Aussagen, bin ich also ein Entweder-oder-Typ? Bezeichnend dafür ist der Spruch: „Ein bisschen schwanger geht nicht!“ Oder auch: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“ Wenn es viele Weggabelungen gibt, erzeugt das bei mir eher Unbehagen, auch ein Gefühl von Überfordertheit.
Oder bin ich der systematische Ambivalenzbewältiger mit einem gut gefüllten Werkzeugkasten – mit Analysen, Risikoüberlegungen und Modellen, Kriterienkatalogen, Algorithmen und Beratungsexpertisen. Bezeichnend ist der Satz: Das Leben ist zwar kompliziert, aber mit Werkzeugen und Analyse kann ich es bewältigen.
Oder bin ich Spezialist fürs Querdenken und Infragestellen, für das Über-Grenzen-Gehen? Ich liebe Ungewohntes, Experimente und Neuerfindung, verbunden mit einer guten Portion Ambivalenzsuche. Zweifel stören mich wenig.
Mehr demnächst im Teil 2